Schon vor Anwendbarkeit der DSGVO ging es los: Es tauchten die unterschiedlichsten Gerüchte und Meinungen auf, wie ab Mai 2018 mit Fotoaufnahmen umzugehen sei. Jedes Foto bedürfe einer Einwilligung hieß es teilweise. Dann kamen „lustige“ rote Punkte, die man sich auf Veranstaltungen auf die Stirn kleben sollte, wenn man nicht fotografiert werden wollte und viele andere Stilblüten. In den letzten anderthalb Jahren wurden die meisten Gerüchte und merkwürdigen Ansichten zum Glück ausgeräumt und aufgeklärt. Dennoch merken wir in der täglichen Arbeit mit unseren Mandanten, dass die Verunsicherung immer noch groß ist.
Einerseits freut uns dieser Umstand, merken wir daran doch, dass unsere Mandanten bemüht sind, sich möglichst DSGVO-konform zu verhalten. Andererseits erschreckt es uns auch, dass selbst nach dieser recht langen Zeit und auch den diversen Veröffentlichungen der Aufsichtsbehörden (zum Beispiel Schleswig-Holstein, Baden Württemberg, Bayern) zu dem Thema noch immer große Unsicherheit herrscht.
Daher möchten wir Ihnen in diesem Artikel einmal eine Übersicht zu diesem Thema geben.
Gilt die DSGVO auch für Fotos?
Zunächst ist die Frage zu klären, inwieweit die DSGVO für den Bereich der Fotografie überhaupt einschlägig und damit anzuwenden ist. Die Antwort lautet wie so häufig: Kommt darauf an.
Sprechen wir über den rein privaten und persönlichen Bereich, ist die DSGVO gem. Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO gar nicht anwendbar. Dies gilt auch für Foto- oder Filmaufnahmen. Befinden wir uns aber außerhalb dieses Bereichs, beispielsweise
- auf der Unternehmenshomepage,
- bei einer öffentlichen Veranstaltung, wie zum Beispiel Konzerten, Sportveranstaltungen und sonstigen Events,
- in der Vereins- oder Unternehmenszeitung,
- die (private) Hochzeitsfeier, für die ein professioneller Fotograf engagiert wurde,
ist die DSGVO anzuwenden, denn es handelt sich bei Fotos zum einen um personenbezogene Daten und zum anderen befinden wir uns im Zeitalter der Digitalfotografie. Nun sind Digitalkameras nichts anderes als kleine Computer und daher liegt auch stets eine sogenannte automatisierte Verarbeitung vor.
Welche Gesetze gelten gegebenenfalls noch?
Allerdings gilt eben (vermutlich) nicht nur die DSGVO, sondern es gibt weitere Gesetze, die den Umgang mit Fotoaufnahmen regeln. Das bekannteste dürfte hier das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“ (kurz: Kunsturhebergesetz, KunstUrhG) sein.
Kunsturhebergesetz
Dieses Gesetz ist – schon erkennbar am gestelzt klingenden Namen – ein absoluter Dinosaurier unter unseren Gesetzen. Erstmals veröffentlicht im Januar 1907 im Reichsgesetzblatt I wurde es gerade in der neueren Zeit immer weiter ausgedünnt. So sind von den ursprünglichen 55 Paragrafen nur noch elf übriggeblieben. Die für unseren Artikel relevanten Regelungen finden sich in den §§ 22 und 23 KunstUrhG, worin Vorgaben zur „Verbreitung und Zurschaustellung“ von Bildern enthalten sind. Grob zusammengefasst besagen diese Regelungen, dass für die Veröffentlichung und Verbreitung (nicht übrigens für die Anfertigung, hierzu finden wir die Regelungen in der DSGVO und der Rechtsprechung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht) von Fotos die Einwilligung der betroffenen Personen erforderlich ist, sofern nicht einige Ausnahmetatbestände erfüllt sind. Bei diesen wiederum handelt es sich um
- Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte;
- Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
- Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
- Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
Aktuell ist strittig, ob das KunstUrhG nach Anwendbarkeit der DSGVO überhaupt noch Bestand haben kann. Da das Gesetz auch nach der zweiten Überarbeitung der deutschen Bundesgesetze im Hinblick auf die DSGVO durch den Gesetzgeber weiterhin Bestand hat und nicht angepasst wurde, tendieren wir dazu, es weiterhin als anwendbar zu betrachten. Diese Sichtweise ist jedoch umstritten, und es ist durchaus möglich, dass in den nächsten Monaten hierzu anderslautende Entscheidungen der Gerichte oder Auffassungen der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz bekannt werden. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte also die Ausnahmen des § 23 KunstUrhG ignorieren und die Zulässigkeit der Verarbeitungen allein anhand der Regelungen der DSGVO bewerten. Bei diesem Vorgehen wäre eine Veröffentlichung ausschließlich auf Basis eines Vertrags, einer Einwilligung oder eines berechtigten Interesses möglich.
Allgemeines Persönlichkeitsrecht
Die Rechtsprechung hat im Laufe der Jahrzehnte etwas entwickelt, das heute als das allgemeine Persönlichkeitsrecht bezeichnet wird. Hiermit ist gemeint, dass private oder intime Orte und Situationen ebenfalls geschützt sind. Eingriffe, wie zum Beispiel durch die Veröffentlichung von Fotos, sind gegebenenfalls nicht zulässig und können zu Unterlassungs- und/oder Schadensersatzansprüchen führen.
Medienprivileg
Darüber hinaus gibt es gem. Art. 85 DSGVO auch noch das sogenannte Medienprivileg, sofern die Aufnahmen im journalistischen Bereich genutzt werden. Dabei enthält Art. 85 DSGVO selbst keine privilegierten Regelugen für die Datenverarbeitung im journalistischen Bereich. Der Artikel eröffnet den Mitgliedsstaaten jedoch, Abweichungen und Ausnahmen zu definieren, Von diesem Recht hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Erlass der Landesdatenschutzgesetze, Presse- und Mediengesetze sowie dem Rundfunkstaatsvertrag Gebrauch gemacht. Um es nicht zu komplex werden zu lassen, gehen wir hierauf nicht im Detail ein.
Wir benötigen eine Rechtsgrundlage!
Wie sieht es nun also mit der Anfertigung und Veröffentlichung von Fotoaufnahmen aus? Nahezu immer möglich sollte die Anfertigung auf Basis einer Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 7 DSGVO sein. Wie eine wirksame Einwilligung eingeholt werden kann haben wir ausführlich in diesem Artikel beschrieben. Sofern Fotos von Minderjährigen angerfertigt und veröffentlicht werden sollen, gelten besondere Vorgaben, die sich nach dem Alter der minderjährigen betroffenen Person sowie nach dem Zweck und der Art der Aufnahme richten. Um auf der sicheren Seite zu sein empfehlen wir häufig, die Einwilligung des / der Sorgeberechtigten sowie ab einem gewissen Alter bzw. der gegebenen Fähigkeit zur Einsicht gegebenenfalls zusätzlich die Einwilligung des minderjährigen betroffenen Person einzuholen.
Einwilligung
Nun sind Einwilligungen jederzeit widerrufbar und gerade bei Massenveranstaltungen unpraktikabel, da jede Person einzeln einwilligen müsste. Das ist zum einen von der schieren Anzahl der einzuholenden Einwilligungen kaum möglich, zum anderen stellt sich die Frage, wie man damit umgeht, wenn einzelne Personen nicht einwilligen. Ein Ausschluss der Personen aufgrund verweigerter Einwilligung kommt aufgrund des Koppelungsverbots nicht infrage. Es werden also weitere Rechtsgrundlagen benötigt.
Berechtigtes Interesse
Gerade bei Groß- oder Sportveranstaltungen wird man sich regelmäßig auf ein berechtigtes Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) stützen können. Schließlich möchte man sein Event öffentlichkeitswirksam vermarkten. Für Fotos, die „in die breite Masse“ geschossen wurden, bei denen also eine sehr große Gruppe von Personen oder vielleicht sogar eher ein Ereignis dargestellt wird, sollte es also keine größeren Hürden für die Anfertigung und Veröffentlichung von Fotoaufnahmen geben. Bitte beachten Sie: Selbstverständlich muss im Vorfeld wie bei jeder Verarbeitung gem. Art. 13 (gegebenenfalls auch Art. 14) DSGVO informiert werden. Wir empfehlen stets, dies bereits im Zuge der Einladung oder des Ticketverkaufs im Vorfeld zu tun. Am Eingang zum Ort des Geschehens sollte dann erneut durch Aushang oder Verteilung von Informationsblättern (Ok, wir glauben offengesagt nicht wirklich, dass etwas verteilt wird, aber eine Möglichkeit wäre es) informiert werden. Auch über Teilnahme- oder Buchungsbestätigungen können solche Informationen gegeben werden.
Bei Fotos, auf denen Einzelpersonen gezeigt werden, wird man abwägen müssen: Handelt es sich um ein Foto, welches ein Ereignis zeigt, welches von öffentlichem Interesse ist oder zeigt das Foto lediglich eine (oder einige wenige) Person(en)? Abhängig von dieser Abwägung könnte dann wieder das berechtigte Interesse an der Veröffentlichung oder eben die Einwilligung aller gezeigter Personen als Rechtsgrundlage dienen.
Vertrag
Theoretisch wäre auch ein Vertrag eine mögliche Rechtsgrundlage. Für Berufsfotografen ist das eine wichtige Information, denn diese können ihre Arbeit somit auf den Vertrag stützen. Allerdings ist dies nur stark eingeschränkt möglich, denn gem. Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO muss die betroffene Person Vertragspartei sein. Für Porträtfotos und ähnliches mag das gut funktionieren. Sobald man aber mit der Dokumentation einer Veranstaltung (zum Beispiel eine Geburtstags- oder Hochzeitsfeier) beauftragt wird, lässt sich das Ganze nicht mehr mit dem Vertrag begründen, denn die Gäste der Veranstaltung werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht Vertragspartei sein. Hier wäre dann wieder abzuwägen, ob der Fotograf die Anfertigung der Fotos mit einem berechtigten Interesse (zum Beispiel an der Vertragserfüllung mit dem Veranstalter) begründen kann. Der Veranstalter benötigt seinerseits ebenfalls eine Rechtsgrundlage für die Anfertigung der Fotos (z.B. ein eigenes berechtigtes Interesse). Im Zweifelsfall stellt der Rückgriff auf die Einwilligung der Gäste eine Möglichkeit dar, die wir aber – wie oben beschrieben – für nicht praktikabel halten.
Vorsicht, falls Sie eine Unternehmensbroschüre erstellen wollen, die Mitarbeiterfotos enthält: Diese Fotos werden selbstverständlich nicht für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses benötigt. § 26 BDSG hilft Ihnen hier also nicht weiter. Wir erwähnen das extra noch einmal, weil wir diese Argumentation durchaus schon häufiger gehört haben…
Achtung: Reihenfolge und Widerspruchsrecht beachten
An dieser Stelle ein Hinweis: Bitte holen Sie sich die Einwilligungen rechtswirksam ein, bevor Sie Fotos anfertigen und veröffentlichen. Bereits die Datenerhebung (also das Fotografieren) bedarf einer wirksamen Rechtsgrundlage. Sofern Fotos auf Basis eines berechtigten Interesses (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) angefertigt werden, haben die Personen gem. Art. 21 DSGVO ein Widerspruchsrecht. Dieses gilt zwar nur dann, wenn die betroffene Person Gründe nennt, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, jedoch ist im Zuge der vorab zu liefernden Informationen zum Datenschutz zwingend auf dieses Recht hinzuweisen.
Fazit
So schlimm, wie häufig gedacht, ist das also alles gar nicht mit den Fotos. Informationspflichten müssen erfüllt werden, eine Rechtsgrundlage lässt sich auch in den meisten Fällen finden.
Planen Sie Veranstaltungen, auf denen fotografiert werden soll? Möchten Sie Mitarbeiterfotos für Werbematerial verwenden? Sind Sie Fotograf? Sprechen Sie uns an, wir unterstützen Sie dabei, bei die Informationspflichten zu erfüllen und eine valide Rechtsgrundlage zu bestimmen.